Was ist Esperanto?

Eine Sprache und eine Lebensphilosophie.

Esperanto ist eine lebendige und schöne Sprache. Sie ist in der Praxis seit 115 Jahren erprobt worden und hat sich zu einem nuancenreichen und vielseitigen Kommunikationsmittel entwickelt. Keine Sprache ist in so kurzer Zeit über die ganze Welt verbreitet worden – ohne Eroberungen, Krieg oder Kolonisation. Man rechnet damit, dass heute 2 000 000 Menschen Esperanto sprechen. Es gibt hunderte von Zeitschriften auf Esperanto und 40 000 verschiedene Buchtitel, von denen die meisten Übersetzungen aus anderen Sprachen sind. Es gibt auch viele Rundfunksendungen, Musik und Theaterstücke. Esperanto funktioniert im Prinzip genau so gut als Gesprächssprache, Schriftsprache und Sprache für Wissenschaftler wie eine nationale Sprache. Jährlich werden mehr als 300 wissenschaftliche Publikationen auf Esperanto produziert (laut The Modern Language Association of America’s jährliche Bibliographie).

Es ist einfach, neue Wörter zu bilden, weil Esperanto – zum Unterschied von anderen Sprachen – gut durchdacht und logisch ist. Viele neue Wörter wie z.B. Telefax, Servo, Florist, urbanisieren, Internet und Parabol gab es vor allen anderen Sprachen bereits auf Esperanto.

Esperanto ist viel leichter zu lernen als andere Sprachen, weil:

  1. Die verschiedenen Buchstaben stets auf die selbst Art und Weise ausgesprochen werden und jeder Buchstabe einesWortes wird ausgesprochen. Deshalb gibt es niemals Probleme mit der Buchstabierung und der Aussprache, wenn man weiß, dass die Betonung immer auf der vorletzten Silbe liegt.
  2. Die Grammatik ist einfach, logisch und ohne Ausnahmen. Vor allen Dingen sind es ja alle die Ausnahmen, die es so schwierig machen, eine neue Sprache zu lernen.
  3. Die meisten Wörter in Esperanto sind international und kommen in fast allen Sprachen der Welt vor.
  4. Die Bildung von Wörtern ist einfach. Mit Hilfe von Vor- und Nachsilben bildet man leicht neue Wörter. Wenn man ein Wort gelernt hat, bekommt man oft zehn neue umsonst dazu.

Ohne Nation

Die Idee mit Esperanto ist, dass das eine Zweitsprache für jedermann sein soll. Eine Sprache ohne Nation - eine Sprache, die nicht irgendeine andere Sprache und andere Kulturen verdrängt, sondern die das Recht aller für eine eigene Sprache und eigene Kultur respektiert. Esperanto hat ihre heutige Verbreitung ausschließlich dadurch erfahren, dass einzelne Menschen von dieser Idee inspiriert wurden, nämlich dass alle Menschen gleichberechtigt sind und als Gleichberechtigte kommunizieren können. Dass Kontakte zwischen den Menschen aus verschiedenen Kulturen nicht auf der Dominanz des einen und der Unterwerfung des anderen bauen sollen. Dass Freundschaft und freier Kontakt zwischen den Menschen aus verschiedenen Kulturen und Erdteilen ein natürlicher Bestandteil des Friedens ist. Es ist nur natürlich, dass Menschen, die so fühlen, auch miteinander sprechen können. Zu diesem Zweck wurde Esperanto geschaffen, und das hat die Geschichte dieser Sprache geprägt.

Wenn leistet man das Beste

Wissenschaftler haben festgestellt, dass man am besten etwas leistet, wenn man seine eigene Sprache benutzen kann. Aber, mit einer leicht erlernbaren internationalen Sprache kann man unter gleichen Voraussetzungen kommunizieren und Brücken zueinander bauen. Wenn die Menschen ihre eigene Muttersprache benutzen können und Zufriedenheit in ihrer Kultur fühlen, können sie Verständnis und Toleranz für die Sprache und Kulturen anderer empfinden. Es ist verhängnisvoll, dass so viele Politiker, Wissenschaftler und Eltern ihre eigene Sprache zu einer zweitrangigen Sprache degradieren. Das schafft unüberschaubare Probleme und beeinträchtigt eine gesunde, nationale und internationale Entwicklung.

Gehört Ihnen und mir

Esperanto gehört niemandem. Sie gehört allen. Sie hat keine koloniale Vergangenheit oder irgendeine Form von historischer Belastung. Die Popularität von Esperanto in kleineren Ländern, aber auch in größeren Ländern wie z.B. Japan, beruht hauptsächlich auf der Neutralität der Sprache. Wenn man zwei Esperantisten aus verschiedenen Ländern miteinander sprechen hört, kann man nicht anders als von dem unmittelbaren Gefühl der Freiheit und Übereinstimmung des Gesprächs beeindruckt zu werden.

Einige Vorurteile über Esperanto:

  1. Esperanto verdrängt die nationalen Sprachen. FALSCH. Es sind die großen, nationalen Sprachen wie z.B. Englisch, die verursachen, dass viele kleinere Sprachen heute vom Aussterben bedroht sind.
  2. Esperanto hat keine Kultur. FALSCH. Esperanto gibt es schon seit 115 Jahren und rund um die Sprache hat sich eine Kultur entwickelt, die Gleichberechtigung und Gerechtigkeit zwischen den Sprachen und Verständnis und Toleranz zwischen den Völkern bedeutet, sowie Schutz und Pflege von sowohl großen als auch kleinen Sprachen, und die damit zusammengehörenden Kulturen.
  3. Esperanto ist nur Europäisch. FALSCH. Esperanto basiert in Europa und Asien auf indoeuropäischen Sprachen und hat teilweise eine auf der slawischen Sprache basierende Grammatik und Wortbildung, die u.a. auf chinesische und afrikanische Gedankengänge zurückgehen. Überall auf der Welt finden die Menschen, dass sie irgend etwas wieder erkennen.
  4. Esperanto ist nicht sehr wortreich. FALSCH. Esperanto ist die wortreichste der meisten Sprachen. Durch ihren logischen und systematischen Aufbau ist es gleichzeitig leicht, sich einen großen Wortschatz zu schaffen. Vergleichen Sie die Worte Zahn –Zähne, die auf Englisch tooth – teeth heißen, und auf Esperanto dento – dentoj. Ein anderes Beispiel ist Maus – Mäuse, auf Englisch mouse – mice und auf Esperanto muso – musoj. Pluralis (Mehrzahl) wird stets durch Anhängen des Buchstabens j gebildet. Vergleichen Sie weiter das englische Wort für lernen, learn und das englische Wort für Schule, school. Das entsprachige Wort auf Esperanto heißt lerni resp.lernejo. Dabei bezeichnen die Buchstaben –ej den Platz oder ein Lokal, in welchem man etwas lernen kann. Schwein heißt auf Englisch pig und Schweinestall sty. Entsprachige Worte auf Esperanto sind porko und porkejo. Esperanto hat viele Worte und Wendungen, die es in anderen Sprachen nicht gibt. Natürlich ist Esperanto nicht wortarm. Kongresse werden in Esperanto abgehalten, ohne Dolmetscher, mit tausenden von Teilnehmern aus der ganzen Welt. Auf Esperanto gibt es über 40 000 Bücher im Original oder in Übersetzung.
  5. Man hat keinen Nutzen davon, Esperanto sprechen zu können. FALSCH. Viele Esperantisten sind sprachenkundig und sagen oft, dass sie auf ihren Reisen den größten Nutzen von Esperanto gehabt haben. Als Esperantist ist man in einem anderen Land nie fremd. Man findet leicht Freunde, die Esperanto sprechen und die international interessiert sind.
  6. Esperanto ist ein schöner Gedanke, wurde aber nie realisiert. FALSCH. Neuheiten sind von je her von denen bekämpft worden, die nicht bereit sind, umzudenken oder nicht wagen, von Privilegien abzusehen. Einst wurden von der Kulturelite Sprachen wie Neugriechisch, Neunorwegisch und Tschechisch bekämpft. Verschiedenen privilegierten Gruppen haben Esperanto von Anfang bekämpft, und in Diktaturen sogar verboten. Trotzdem hat sich Esperanto über die ganze Welt verbreitet, nicht dank der Politiker, sondern durch gewöhnliche Menschen, die an die Idee glauben, dass wir – wenn gewöhnliche Menschen aus verschiedenen Ländern leichter miteinander kommunizieren können – eine bessere Welt bekommen.
  7. Esperanto ist eine artifizielle und keine richtige Sprache. FALSCH. Esperanto ist eine Sprache, die von Menschen konstruiert wurde. Alle Sprachen sind von Menschen gebildet worden. Der Unterschied zwischen gewöhnlichen Sprachen und Esperanto ist, dass Esperanto nach wissenschaftlichen Prinzipien konstruiert wurde, um als leicht erlernbares Kommunikationsmittel für Menschen mit verschiedenen Muttersprachen zu funktionieren. Und als solches funktioniert sie unübertroffen gut.
  8. Esperantisten träumen von einer Welt, in der alle Menschen Esperanto sprechen und nichts anderes. FALSCH. Alle Esperantisten haben jederzeit die nationalen Sprachen gewahrt. Erfahrungsgemäß sind es viele, die durch Esperanto an anderen Ländern und anderen Völkern interessiert wurden, indem sie noch eine weitere Sprache lernten.
  9. Esperanto ist zu schwer für mich. RICHTIG. Das wissen Sie selbst am besten. Aber Esperanto ist leichter zu erlernen als irgendeine andere Sprache.

Jährlich werden mehr als hundert internationale Konferenzen und Sitzungen in Esperanto abgehalten – ohne Dolmetscher und Übersetzer. Das größte Treffen ist der Weltkongress. Dieser wurde 1997 in Adelaide, 1998 in Montpellier, 1999 in Berlin, 2000 in Tel-Aviv, 2001 in Zagreb, 2002 in Fortaleza in Brasilien, 2003 in Schweden abgehalten und 2004 wird er in Beijing und 2005 in Vilnius in Litauen stattfinden. Im Jahre 2000 wurde in Amman ein Treffen für Esperantosprachige aus den arabischen Ländern abgehalten. 2001 fand der fünfte all-amerikanische Kongress in Mexiko City statt und 2002 wurde in Seoul ein Esperanto-Kongress für Esperantosprachige aus den asiatischen Ländern abgehalten.

117 Länder

Die Universella Esperanto Association, UEA, ist eine Esperanto-Organisation für die ganze Welt, mit Büro in Rotterdam in Holland. Es gibt Mitglieder in 117 Ländern und die Organisation hat zwecks Austausch von Informationen einen beratenden Status in der UNESCO sowie ein UNO-Büro.

Die UEA gibt u.a. ein Jahresbuch heraus und arrangiert Weltkongresse. Außerdem gibt es auf der ganzen Welt während des ganzen Jahres Kurse, Seminarien, Spezialkongresse, Festivals und andere interessante Treffen. Eine Akademie mit ca. 50 geschickten Esperantisten aus verschiedenen Ländern hat die übergreifende Verantwortung für die Sprache und deren Entwicklung. Man gibt eine Zeitung mit Rat, Beschlüssen und interessanten sprachlichen Fragen heraus.

Weltverband der Jugendlichen

TEJO ist der Weltverband der Jugendlichen für Esperanto. Dort wird z.B. Passporta Servo herausgegeben, ein Buch mit mehreren tausend Adressen über Esperantosprachige auf der ganzen Welt. Ein ähnliches Buch ist Amikeca Reto, ein Buch über ein Netzwerk von Menschen, die an ihren Badeorten als Guide tätig sind. Via TEJO kann man in internationalen Arbeitsbrigaden mitarbeiten.

Es gibt viele Berufsvereine für Esperantosprachige, z.B. für Ärzte u.a. medizische Tätigkeiten, für Verfasser, Journalisten, Bahnangestellte, Forscher, Mathematiker, Musiker und Juristen. Diese Vereine arrangieren Konferenzen, haben oftmals ihre eigenen Zeitungen und arbeiten damit, den Wortschatz an Fachwörtern in Esperanto zu erweitern. Sie arbeiten auch mit der Übersetzung von Fachliteratur.

Für Radfahrer und Bahaise

Es gibt viele Vereine für Esperantosprachige. So gibt es z.B. Vereine für Radfahrer, Pfadfinder, Blinde, Schachspieler, Buddhisten, Shintoisten, Katholiken, Quäker, Protestanten, Mormonen und Bahaisten.

Bei einem UNESCO-Symposium in Paris sagte Claude Piron, ein schweizer Universitätslektor und langjähriger Dolmetscher in der UNO:

„Man sagte mir, als ich klein war: Hab keine Angst, nach dem Weg zu fragen. Sprich, und Du kommst bis ans Ende der Welt.“ Aber ein paar Kilometer weiter sprach man eine andere Sprache. Nochmals zu fragen, war zwecklos.

Man hat mir gesagt: „Lerne Sprachen in der Schule, um mit Menschen aus anderen Ländern sprechen zu können.“ Aber 90% der Erwachsenen können sich nicht in der Sprache ausdrücken, die sie in der Schule gelernt haben.

Man hat mir gesagt: „In Englisch kannst Du Dich überall auf der Welt verständigen.“ Aber in einem spanischen Dorf sah ich ein Unglück, in dem ein französisches und ein schwedisches Auto verknüpft war. Die Fahrer konnten sich weder miteinander verständigen noch mit der Polizei.. In einer kleinen Stadt in Thailand sah ich einen verzweifelten Touristen, der versuchte, seine Symptome einem örtlichen Doktor zu erklären. Ich habe für die Vereinten Nationen gearbeitet, für die Weltgesundheitsorganisation auf allen bewohnten Kontinenten sowie auf einigen Inseln und ich konnte feststellen, dass die englische Sprache in Kongo, in Japan, und an anderen Plätzen außerhalb der großen Hotels, den größeren Geschäften, den Geschäftskreisen und den Fluggesellschaften total wertlos ist.

Man hat mir gesagt: „Dank der Übersetzungen sind die meisten weitab gelegenen Kulturen jetzt für jeden zugänglich.“ Aber als ich die Übersetzungen mit den Originaltexten verglich, sah ich viele Sprachverdrehungen, vieles war ausgelassen worden – und mit einem so geringen Respekt für die Art und Weise des Verfassers, sich auszudrücken, dass ich mich gezwungen sah, in dem italienischen Sprichwort einzustimmen „Traduttore, traditore“ Übersetzen ist betrügen.

Man hat mir gesagt, dass die westliche Welt der Dritten Welt hilft, und gebührendem Respekt für deren lokale Kulturen zeigt. Aber ich konnte nicht sehen, dass man irgendwelche Rücksicht auf deren Sprache nahm. Bereits von Anfang an zwang man ihnen eine Sprache auf, als ob es das Selbstverständlichste von der Welt wäre, in dieser Sprache zu kommunizieren. Ich sah, wie die englischen und französischen Sprachen einen kulturellen Druck ausübten, wodurch sich die Mentalität des Volkes veränderte, und darüber hinaus destruktive Effekte auf uralte Kulturen, deren positive Werte gedankenlos ignoriert wurden, ausübte. Ich sah, wie zahllose Probleme entstanden, als man die lokalen Arbeitskräfte anlernen sollte, weil die Techniker der westlichen Welt deren Sprache nicht verstanden, Sprachen, über die es keine Lehrbücher gab.

Man hat mir gesagt:“Allgemeiner Schulunterricht garantiert gleichwertige Möglichkeiten für alle Gesellschaftsklassen.“ Und ich sah, wie reiche Eltern in den Entwicklungsländern ihre Kinder nach England und in die USA schickten, damit sie dort die englische Sprache lernen sollten, während das Volk in der Unterlegenheit ihrer eigenen Sprache und als Opfer für alle Arten von Propaganda einer trostlosen Zukunft entgegen gingen.

Man hat mir gesagt: Esperanto ist missglückt.“ Aber in einem Gebirgsdorf in Europa sah ich, wie Kinder der Bauern nach nur einem sechsmonatigen Unterricht mit Besuchern aus Japan sprachen.

Man hat mir gesagt: „Esperanto ist ohne Menschlichkeit“ Ich habe diese Sprache gelernt, ihre Poesie gelesen, ihren Liedern gelauscht. In dieser Sprache haben mir Brasilianer, Chinesen, Iranier, Polen und ein Jüngling aus Usbeskistan Vertrauen entgegengebracht. Und hier stehe ich – ein ehemaliger professioneller Übersetzer, und muss im Namen der Ehrlichkeit sagen, dass diese Gespräche die spontansten und tiefsinnigsten gewesen sind, die ich jemals in einer fremden Sprache geführt habe.

Man hat mir gesagt: „Esperanto ist wertlos, weil sie keine Kultur hat.“ Aber als ich Esperantosprachige in Osteuropa, Asien und Lateinamerika traf, waren die meisten dieser Menschen mehr kulturell als Ihresgleichen in entsprechend sozialökonomischer Stellung. Und als ich internationalen Debatten in dieser Sprache beiwohnte, wurde ich von deren intellektuellem Niveau stark beeindruckt.

Ich versuchte, das meiner Umgebung zu erklären. Ich sagte: „Kommen Sie! Schauen Sie! Das ist etwas Außerordentliches! Eine Sprache, die die Kommunikationsprobleme zwischen den Völkern der Erde löst! Ich sah, wie ein Ungar und ein Koreaner Politik und Philosophie miteinander diskutierten, und das nur, nachdem sie zwei Jahre lang die Sprache gelernt hatten. Das wäre in einer anderen Sprache unmöglich gewesen! Und ich sah dies und das und jenes…“

Aber man antwortete mir: „Esperanto ist nicht seriös. Und wie auch immer, es ist künstlich.“

Ich kann das nicht verstehen. Wenn die Seele eines Menschen, seine Gefühle, die feinsten Nuancen seiner Gedanken in einer Sprache ausgedrückt werden, die aus dem Reichtum und der Art der Kommunikation vieler Kulturen entstanden ist, sagt man mir: „Das ist künstlich.“

Aber was sehe ich auf meinen Reisen in der Welt? Ich sehe Reisende, die sich danach sehnen, ihre Ideen und Erlebnisse mit jemandem zu teilen, oder auch nur Kochrezepte mit der lokalen Bevölkerung. Ich sehe, wie Versuche mit Hilfe von Gesten zu grotesken Missverständnissen gelangen. Ich sehe Menschen, die nach Informationen dürsten und aufgrund von Sprachschwierigkeiten nicht lesen können, was sie lesen wollen.

Ich sehe viele Menschen, die nach sechs oder sieben Jahren Sprachstudium mit stammelnder und komischer Aussprache vergeblich versuchen, das zu sagen, was sie sagen wollen. Ich sehe, wie sprachliche Ungleichheiten und Diskriminierung in der Welt existieren. Ich sehe, die Diplomaten und Spezialisten ins Mikrophon sprechen und mit Kopfhörern lauschen, nicht auf ihren Gesprächspartner, sondern der Stimme eines anderen. Ist das eine natürliche Kommunikation? Von einem Wesen oder einem Hirn zum Munde, zu einem Ohr, das ist natürlich künstlich, aber von einem Mikrophon zu einem Kopfhörer in einem Dolmetscher-Stand, das ist natürlich. Gehört die Fähigkeit, Probleme mit Hilfe von Intelligenz und Gefühl zu lösen, nicht mehr zur menschlichen Natur?

Man sagt viel zu mir, aber ich sehe etwas anderes. Verwirrt wandere ich weiter in dieser Gesellschaft, die Anspruch darauf erhebt, dass alle das Recht haben, sich auszudrücken und zu kommunizieren. Und ich frage mich, will man mich täuschen oder bin ich verrückt?“

Sollte man ein neues „Esperanto“ schaffen?

Sie mögen erwidern, Esperanto wurde in Europa geschaffen und ist auf Wörtern der europäischen Sprachen aufgebaut. Wenn wir nun eine gemeinsame, internationale Sprache haben sollen, wäre es dann nicht besser, Worte aus allen Sprachen der Erde zu einzuholen? Selbstverständlich kann man meinen, dass diese Kritik befugt ist, aber es gibt ja in den meisten Ländern der Erde bereits Esperanto. Diese Sprache wird seit 115 Jahren benutzt und hat bei Menschen auf der ganzen Welt ihre Akzeptanz gewonnen. Warum sollen wir dann ein neues „Esperanto“ schaffen? Wäre es einfacher zu lernen, wenn ein paar Worte aus dem Chinesischen, ein paar aus Swahili, ein paar aus dem Isländischen, ein paar aus dem Arabischen usw. kommen würden? Wem würde das nützen? Es gibt heute mehr als 6 000 Sprachen, Dialekte nicht mitgerechnet. Wenn man eine Sprache mit zwei oder drei Worten aus jeder Sprache schaffen würde, was wäre der Vorteil damit? Im Gegenteil, eine solche Sprache würde viel schwieriger zu lernen sein.

Esperanto ist zwar eine indoeuropäische Sprache, aber Esperanto hat in einer Reihe von Ländern, in denen man keine indoeuropäischen Sprachen spricht wie z.B. Vietnam, China, Ungarn, Estland, Finnland und Japan, große Popularität erlangt.

Mancher wird einwenden, wenn Esperanto für internationale Kommunikation die gemeinsame Sprache der Welt werden soll, wird diese bald in die verschiedensten Dialekte zerfallen. Die Chinesen werden ihr Esperanto sprechen, die Europäer das ihre, usw.

115 Jahre

Unterschiede in der Aussprache werden stattdessen bei denen entstehen, die eine eigene Muttersprache haben, nicht bei denen, die sie als Zweitsprache erlernt haben. Esperanto ist niemands Muttersprache und wird es auch niemals werden. Esperanto spricht man mit Ausländern, nicht mit seinen Landsleuten. Wenn man z.B. in Nigeria anfangen würde, Esperanto auf andere Art und Weise auszusprechen und neue Worte und Ausdrücke schaffen würde, hätte das nur zur Folge, dass andere das Gesagte nicht verstehen und die Nigerianer, die Esperanto benutzten um von anderen verstanden zu werden, würden ihre Aussprache korrigieren. Hier kann noch hinzugefügt werden, dass Esperanto bereits seit 115 Jahren existiert und bis zum heutigen Tage konnte man noch keine Dialekte feststellen. Wer in Brasilien Esperanto spricht, hat die gleiche Aussprache wie die in Schweden. Esperanto hat sehr klare Aussprache-Regeln und, falls es entgegen aller Vermutungen in Zukunt Unterschiede in der Aussprache geben sollte, wird sich dies sicherlich auf der ganzen Welt verbreiten.

Nicht zweideutig

Nationale Sprachen, wie beispielsweise Englisch, sind oftmals zweideutig. Nehmen Sie z.B. das englische Wort Japanese encephalitis vaccine. Das kann sowohl ein Encefalit-Vakzin bedeuten, das in Japan hergestellt wurde, und auch ein Vakzin gegen japanische Encefalit. Auf Esperanto kann nie daran gezweifelt werden, was gemeint ist, denn dort schreibt man: Japana encefalit-vakcino resp. japan-encefalita vakcino. (Encefalit = Inflammation im Gehirn).

Professor Christer Kiselman an der Uppsala Universität in Schweden hat an einer chinesischen Universität Mathematik in Esperanto gelehrt, er sagt: „Studenten mit sechs Jahren Sprachstudium in Englisch konnten sich nicht verständlich machen und ich konnte sie nicht verstehen. Nach achtmonatigem Studium von Esperanto konnten wir Gespräche miteinander führen“.

Gorbatschow

Bei der Internationalen Akademie in San Marino werden Konferenzen, Vorlesungen und Examen in Esperanto durchgeführt. Abhandlungen werden in Esperanto und in der Muttersprache des Betreffenden geschrieben. Seit 1996 ist der ehemalige sowjetische Präsident Michail Gorbatschow Ehrendoktor der Akademie. Er ist daran interessiert, für eine demokratische Lösung der internationalen Sprachprobleme mitzuarbeiten.

In einem großen wirtschaftlichen Wörterbuch, das in China herausgegeben worden ist, gibt es eine Menge von Informationen in elf Sprachen. Der größte Raum wurde den Sprachen Englisch und Esperanto eingeräumt.

Ich hörte einen Engländer, der Esperanto beherrschte, sagen, dass es nach seinen Erfahrungen bedeutend besser gehe, mit den Japanern Esperanto zu sprechen, die diese Sprache beherrschten, als Englisch mit Japanern, die angaben, die englische Sprache zu können.

Kann man sich auf Esperanto genauso elegant ausdrücken wie auf Englisch? Das Englisch, das von einem Schweden gesprochen wird, ist nicht so elegant wie das, was von einem Engländer gesprochen wird. Nachdem Esperanto eine Sprache ist, die die Sprache für jedermann sein soll, so muss diese mit dem Englisch verglichen werden, das von Ausländern gesprochen wird. Dann wird es leichter sein zu sagen, dass es einfacher ist, ein tieferes Ausdrucksniveau auf Esperanto zu erlangen als auf Englisch, oder auf anderen Fremdsprachen.


© Hans Malv, 2004